Bettina Lisbach MdL und Renate Rastätter, GRÜNE-Gemeinderatsfraktion Karlsruhe, luden am 15.06 zu einer Vortrags- und Diskussionsveranstaltung in die Arbeitsagentur Karlsruhe ein. Die Beiträge drehten sich rund um Frage, wie die berufliche Integration junger Geflüchteter gelingen kann. Es diskutierten:
- Ingo Zenkner, Vorsitzender Arbeitsagentur Karlsruhe-Rastatt
- Reiner Stadelmann StD, Schulleiter Elisabeth-Selbert-Schule
- Johanna Hopfengärtner, Städtisches Schul- und Sportamt Karlsruhe
- Dieter Bürk, Vorsitzender DGB Stadtverband Karlsruhe
- Frank Zöller, Kreishandwerkermeister Karlsruhe
- Dr. Iris Sardarabady, Geschäftsführerin Internationales Begegnungszentrum (ibz)
Mit kurzen Impulsbeiträgen eröffneten die Teilnehmer die Runde. Ingo Zenkner mahnte, die berufliche Integration bereits jetzt als gelungenes Projekt anzusehen, nur weil die ersten Ausbildungsverträge geschlossen seien. Die große Herausforderung sei, die Jugendlichen auch bis zum Abschluss der Ausbildung zu bringen. Dies sei ein Langstreckenlauf, bei dem wir uns erst am Anfang befinden.
Reiner Stadelmann schilderte die aktuelle Situation aus seiner Sicht als Schulleiter und adressierte viele Probleme, wie z.B. die fehlende Differenzierung in den Vorbereitungsklassen, die Absenkung der Stundenzahlen, die großen Klassengrößen, sowie die fehlende Unterstützung durch interkulturell geschulte Fachkräfte. Mehrfach wurde an diesem Abend das Problem angesprochen, dass Schüler trotz Erreichen des Hauptschulabschlusses in den Vorbereitungsklassen nicht ausreichend auf die Anforderungen einer Ausbildung vorbereitet seien. Die Schüler verlassen die Vorbereitungsklassen auf dem Sprachniveau B1, für eine Ausbildung wird allerdings mindestens das Niveau B2 vorausgesetzt. Stadelmann plädierte deswegen für die Einführung eines weiteren Vorbereitungsjahres vor der Ausbildung, in dem auch fachspezifisches Vokabular gelernt werden kann.
Johanna Hopfengärtner führte danach aus, dass junge Geflüchtete durch ihren ungeklärten Aufenthaltsstatus häufig eine hohe mentale Belastung mit sich trügen, die es ihnen schwer macht, sich auf den Unterricht und die Ausbildung zu konzentrieren. Auch dieses Thema wurde im Lauf des Abends mehrfach angesprochen, auch nachdrücklich an Frau Lisbach als Landtagsabgeordnete gerichtet, dass hier eine verlässlichere Situation für die Geflüchteten notwendig ist und dass der Aufenthaltsschutz weitere Bildungsprogramme, wie die Einstiegsqualifizierung oder 2-jährige Berufsausbildungen.
Frank Zöller betonte, dass es im Handwerk grundsätzlich keine Berührungsängste mit anderen Kulturen gibt. Die Integration ausländischer Mitarbeiter sei im Handwerk seit vielen Jahrzehnten gang und gäbe. Die Hauptprobleme tauchen deswegen nicht bei der Ausbildung im Betrieb auf, sondern an den Berufsschulen. Zöller bat auch um Verständnis, dass vor allem kleine Handwerksbetriebe oft nicht die Kapazitäten hätten, um den Auszubildenden zusätzliche Sprachförderung oder Nachhilfe zu ermöglichen, da dies die betriebliche Situation nicht zuließe.
Dieter Bürk schloss sich ebenfalls den Ausführungen an und forderte zusätzlich eine bessere Übersicht der Förderprogramme, sowie eine bessere Integration junger Frauen. Vor allem für junge Mütter stelle sich der berufliche Einstieg als sehr problematisch dar, da es kaum geeignete Programme gäbe.
Iris Sardarabady berichtete kurz vom IBZ-Projekt „Perspective Now“, bei dem in 140 Tandems vor allem jugendliche Ehrenamtliche Geflüchtete beim Spracherwerb und der Begleitung im Alltag unterstützen. Das Tandem-Modell würde sehr deutlich zu guten schulischen Fortschritten führen. Kritisch seien beim Thema Ausbildung zum einen der Einstieg in die Berufsausbildung, zum anderen der Verbleib in der Ausbildung. Auch bei der beruflichen Orientierung benötigten die Jugendlichen mehr Unterstützung, da ihnen viele Berufsfelder aus ihren Heimatländern nicht bekannt sind.
An der weiteren Diskussion konnte sich auch das Publikum beteiligen. Ideen waren unter anderem, einen Teil der Ausbildungszeit für den Spracherwerb zu nutzen, z.B. indem Auszubildende für einige Stunden pro Woche für zusätzliche Deutschkurse freigestellt würden. Problematisch ist allerdings die Situation an den Berufsschulen insgesamt: Stellen wurden in der Vergangenheit gestrichen, viele Lehrkräfte werden nur befristet beschäftigt. Viele Programme stünden dazu nur anerkannten Geflüchteten zur Verfügung, alle Geflüchteten, die nur geduldet sind, fielen häufig durch das Raster und würden dadurch aber länger als nötig im Leistungsbezug bleiben.
Auch diese Veranstaltung war wieder einmal sehr gut besucht und zeigt, dass das Thema von großer Dringlichkeit ist und auch großes Interesse von Seiten der Wirtschaft besteht. Leider gleichen die Maßnahmen immer noch mehr einem Flickenteppich als einem Gesamtkonzept. Hier ist dringend eine Abstimmung erforderlich. An einigen Einzelthemen wird gearbeitet:
- Schließung der Förderlücke bei der Ausbildung für manche Geflüchtete: „Momentan tut sich vor allem für Gestattete, aber auch zum Teil für Geduldete mit Voraufenthaltszeiten von mehr als 15 Monaten eine Förderlücke auf. Diese soll nun geschlossen werden.“ Zum gesamten Artikel…
- Intensivsprachkurse über die Sommerferien: Zur Vorbereitung auf die Ausbildung sollen über die Sommerferien zusätzliche Kurse stattfinden. Ich konnte aber bisher keine konkreten Infos dazu rauskriegen. Die Ankündigung gab es hier…