Schrauben in den letzten Sonnenstrahlen

Die Sonne meinte es gut mit allen, die sich an diesem Freitag in oder vor der Werkstatt einfanden. Selbstverständlich arbeiteten wir in den schattigen Bereichen des Specht – Werkstatthofs.

Wie jeden Freitag ließen uns unsere Kunden auch dieses Mal nicht lange warten. Der Syrer, dem Werner letztes Mal den Schlag aus dem Rad gefummelt hat, war wieder da. Das Problem war leider nicht behoben. Also machte sich Stefan mit Erfolg an die Arbeit. Und er baute ihm noch einen Ständer ans Rad. Von diesem Kunden erfuhr ich, dass er seit einer Woche bei einer Ettlinger Firma als Informatiker arbeitet. Er habe das bereits in Syrien gemacht. Aber in Deutschland würde zur vollen beruflichen Anerkennung noch die entsprechende Sprachkompetenz fehlen. Seiner Meinung nach lernt man jedoch die Sprache aktiv sehr viel schneller, wenn man Kontakt mit den Kollegen und Kolleginnen hat und mit ihnen kommuniziert. Ich finde er hat schon recht.

Weitere drei junge Syrer kamen, um an ihren Rädern fehlende oder wichtige Teile anzubauen: LED Frontleuchten, Sattel usw. . Ab und zu hat sich einer von uns um sie gekümmert. Ein Syrer kam mit seinem Jungen, dem wir letztes Mal ein Rad mitgegeben hatten, das noch nicht ganz in Ordnung war. Es hat eine Weile gedauert bis alles technisch korrekt gerichtet war (v.a. Schaltung und Bremsen). Ich glaube Stefan hat sich darum gekümmert.

Inzwischen hat Werner einem sehr schönen Jugend-MtB einen Sattel angeschraubt, sowie Schaltung und Bremsen gerichtet. Werner hat außerdem wiedermal zwei Räder mitgebracht, die er bei sich zu Hause
hergerichtet hatte. Dann kam unser syrischer Kunde aus Rheinstetten, dessen Frau wir letztes Mal nach einigem Hin und Her ein gelbes MtB ausgegeben hatten, und suchte ein Rad für seinen Sohn.
Nach kurzer Zeit – er hat beim Herrichten des Rades gut mitgeholfen – zogen sie zufrieden von dannen.

Einem jungen Kameruner habe ich nach einigem Handeln und Verhandeln zu einem für ihn bezahlbaren Preis unser derzeit bestes Fahrrad mit Schloss übergeben. Er wohne in Etzenrot, meinte er, und müsse
jeden Tag mit dem Fahrrad nach Waldbronn hochstrampeln. Dazu bräuchte er ein gutes Fahrrad. Sein altes bei uns erworbenes Rad sei ihm gestohlen worden. In Waldbronn würde er in einem Altenheim
als künftiger Altenpfleger (im Moment – helfer) arbeiten. Er sei extra mit der Straßenbahn gekommen. Nachdem wir das Rad nochmal durchgecheckt hatten, verabschiedete er sich erleichtert.

Ein syrischer Kurde, der sich inzwischen hier ganz gut integriert hat, suchte für seine kleine Tochter ein Laufrad. Er lebt mit Frau und Tochter in einer kleinen Wohnung in Ettlingen und arbeitet als Frisör. (Übrigens er hat mir schon dreimal die Haare zur Frisur verarbeitet = ich finde er kann das sehr gut.) Er hat sich über das kleine Laufrad sehr gefreut und bedankt.

Inzwischen wurden zwei weitere ganz gute Jugend-MtBs gebracht. Die müssen noch überarbeitet werden. Ich hatte ein sehr originelles Hollandrad bei zwei netten älteren Menschen abgeholt. Auch das muss noch gerichtet werden. Ja, und dann war Kaffeepause. Natürlich haben wir uns auf Werners Initiative hin nochmal über den Vorfall mit dem ausgerasteten jungen Afrikaner unterhalten. Die Meinungen in dieser Angelegenheit gingen ein wenig auseinander. Aber damit können wir gut leben. Sicher werden wir darüber noch einmal gemeinsam sprechen. Verschiedene Sichtweisen können ein Bild auch ergänzen.

Nach einem durchaus intensiven Schrauberfreitag verabschiedeten wir uns in den privaten Teil des Wochenendes. Euch allen eine schöne nächste Woche !
Manfred

6.9.2019 Manfred Krause

5 Jahren ago